Weil Frau Surajani ihr Leben liebt, meidet sie - wie der Teufel das Weihwasser - die Fahrradwege in Bangkok. Vor 15 Jahren hat sich die heute 62-Jährige ein einfaches Fahrrad leisten können. Ein Damenrad unbekannter Herkunft.
Mit dem radelt sie nun täglich die Thanon Sathu Pradit entlang. Eine vielbefahrene, mehrspurige Straße, irgendwo am Rande des Stadtzentrums. Wer jemals den Straßenverkehr der Millionenmetropole mit eigenen Augen gesehen hat, weiß, dass weder die Regeln für den Spurwechsel noch die für die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten werden.
Zwar gelten die ThailänderInnen als sichere AutofahrerInnen. Nicht aber, wenn sie übermüdet, betrunken oder aber jung und männlich und damit übermütig sind.
Das weiß Frau Surajani auch. Und sie fährt auch deshalb generell auf dem Bürgersteig.
Allerdings soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass auch diese Alternative nicht ungefährlich ist. Von eiligen Motorradtaxis abgesehen, die entgegen der Fahrtrichtung auch den Bürgersteig nutzen, um sich einen Umweg zu ersparen, erfordert der Zustand des Gehwegs größte Aufmerksamkeit.
Bike for Dad zu Ehren Königs Bhumibol
Das Fahrrad erfreut sich im Königreich immer größerer Beliebtheit. Immerhin setzte sich auch Thailands König Bhumibol Adulyadej oft aufs Zweirad, wie zahlreiche Bilder aus seinem Nachlass zeigen.
Und als das Land am 5. Dezember 2015 den 88sten Geburtstag des Monarchen feierte, ehrten ihn auch mehr als eine halbe Millionen Menschen mit einer ausgiebigen Fahrradtour. Angeführt wurde das Bike-for-Dad-Event vom Kronprinzen und heutigen König Maha Vajiralongkorn. Der ist im Übrigen ein begeisterter Radsportler.
Im bayerischen Tutzing nutzt der neue König von Thailand seine Freizeit unter anderem auch, um dort mit einem seiner Söhne die bayerische Landschaft zu erkunden.
In Thailand führt er dagegen jedes Jahr am 5. Dezember die radelnden Massen an. Darunter zahlreiche Ausländer, Botschafter und Diplomaten aus 24 Ländern. Dass diese Veranstaltung in allen 77 Provinzen des Landes stattfand, auch in der von Gewalt beherrschten südlichen Region, ist bemerkenswert.
Und selbst in Metropolen von 52 Ländern setzten sich viele Thais aufs Rad. Während in Bangkok knapp über 100.000 Radler aller Altersklassen mitfuhren, fanden sich zur längsten Tour, die rund 129 Kilometer von Trat nach Klong Yai verlief, nur 400 Radfahrer zusammen.
Thailands Radler haben ein
Faible für Moulton
Die 432 Mitglieder, die der Moulton Bicycle Club Thailand mittlerweile aufweist, sind eingefleischte Fans der eigenartigen britischen Fahrradmarke Moulton.
Das Faltrad mit den auffällig kleinen Rädern und der besonderen Gitterrohrrahmen-Konstruktion passt mit seinem Very-british-Design zur Eigenart der thailändischen Mobilität.
„Auf die Straße würde ich damit jetzt nicht fahren wollen“, erzählt mir Thanud Ruchdaponkul, der den Moulton Bicycle Club Thailand leitet und der mir für einen Tag eines seiner Moulton-Räder zur Verfügung stellt. Mit dem Hinweis, dass es mit einem Moulton auch gelingt, Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und Langstrecken zu bewältigen.
Das traue ich mir nicht zu. Wegen der Kondition, aber auch wegen der Busse, der Taxis und vor allem wegen der Motorradfahrer. „Die drängeln sich oft mit hoher Geschwindigkeit seitlich an den Fahrzeugen vorbei und nehmen dabei auch schlimme Unfälle in Kauf“, erzählt er mir später am Nachmittag. Ein Clubmitglied wurde so im vergangenen Jahr schwer verletzt.
Deshalb fährt nun auch Thanud auf Gehwegen. Außer an den Wochenenden. Da trifft er sich mit einigen Vereinsmitgliedern und radelt „außerhalb“ der Stadt. Dort nämlich haben die Behörden in den vergangenen Jahren gut ausgebaute Radwege angelegt. Ein in hellem Blau angelegter Fahrradweg nahe des alten Flughafens Don Mueang (DMK), rund 24 Kilometer nördlich von Bangkok, führt mehrere Kilometer durchs Land. Ein beliebtes Ziel für Familienausflüge und sportliche Radler.
Text und Bilder: Andreas Burkert